Jahresbericht 2022

Liebe Fürth-Freundinnen und -Freunde!

Die Pandemie hat zwar im Jahr 2022 die Arbeit der Stadtheimatpflege nicht mehr so stark geprägt wie die Jahre zuvor. Trotzdem mussten wieder persönliche Besprechungen und Gespräche ausfallen, wurden verschoben oder fanden als Videokonferenzen statt.

Und doch liegen ereignisreiche Monate hinter uns. Die Zahl der Themen, die wir Ihnen hier präsentieren, belegt dies. Zu den unterschiedlichsten Bauvorhaben haben wir Stellung genommen, waren an Ortsterminen dabei und haben die Sitzungen von Baubeirat, Bauausschuss und Baukunstbeirat sowie weiterer Arbeitskreise – zum Beispiel Hauptbahnhof, Pegnitz-Quartier – besucht. Auch das Thema Photovoltaikanlagen an Denkmälern hat uns beschäftigt.

Wir haben Ihnen wieder eine  Auswahl an Bildern zusammengestellt. Sie sollen zeigen, welche Orte wir aufgesucht haben, wie und mit welchen Forderungen wir unseren ehrenamtlichen Pflichten nachgekommen sind.

Ein Dank geht an alle, die uns dabei unterstützt haben – bleiben Sie uns auch weiterhin gewogen!

Ihre Stadtheimatpfleger
Karin Jungkunz und Lothar Berthold

Fassaden-Prämierungen

Ein erfreulicher Anlass gleich zu Beginn des Jahres: Wieder erhielten Hausbesitzer als Dank und Anerkennung für eine vorbildliche Restaurierung ihres Anwesens eine Prämie von der Stadt Fürth. Wir freuen uns, dass es diese freiwillige Leistung nach wie vor gibt. Zeigt es doch, dass der Titel „Denkmalstadt Fürth“ mit Leben erfüllt wird. In der Mitte des Bildes sieht man das Ehepaar Graf, die dazu beigetragen haben, dass die Villa und das Grundstück an der Flößaustraße 5 erhalten werden konnte.

Ecke Königswarter Straße 50 – Jakobinenstraße

Als „kleinstes Haus von Fürth“ wurde es in den Medien tituliert. Ganz stimmt das nicht. Geht man mit aufmerksamen Blick durch unsere Stadt findet man noch in etlichen Höfen solche kleinen Häuschen, die oft als Waschhaus genutzt wurden. Nichts desto Trotz freuen wir uns über die vorbildliche Sanierung. Wir Heimatpfleger wurden eingeschaltet, da sich im vorderen Bereich links bei dem Baum ein alter Brunnen befindet. Es wurde geraten, ihn so abzudecken, dass man ihn auch einmal wieder freilegen kann.

Milchhäusla Ronhof und Bislohe

Bereits vor einigen Jahren hat das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege angekündigt, einen Arbeitskreis „Milchhäuschen in Bayern“ zu gründen. Leider haben wir bis heute nichts mehr davon gehört. Und so fristen die wenigen Häusla, die es in unseren Vororten noch gibt, ein recht trauriges Dasein und sind vom Abriss bedroht.

Ehemalige Essigfabrik Erlanger Straße 81

Auch das ist ein trauriges Kapitel in der Denkmalgeschichte unserer Stadt. Zwar wurde der Besitzer dieses unter Denkmalschutz stehenden Objekts immer wieder aufgefordert, das leer stehende Anwesen gegen Vandalismus zu schützen, aber leider hat sich in all den Jahren nicht sehr viel getan. Bleibt zu hoffen, dass in diesem Jahr endlich mit den Sicherungs- und Sanierungsarbeiten begonnen wird. Einen Abbruch lehnen das Landesamt für Denkmalpflege und auch wir ab.

Bodendenkmal Kanal-Treidelpfad

Bei Bauarbeiten wurde an der Seeackerstraße ein historischer Treidelpfad entdeckt, der am alten Kanal lag. Da wir erst aus den Medien von diesem Fund erfahren haben, baten wir, uns künftig rechtzeitig auch über solche Bodenfunde zu informieren.

Kaufhaus Woolworth in der Schwabacher Straße

Hier ein Blick in den 1. Stock. Auch wenn nicht jeder verstehen konnte, dass man auch solche Zeugnisse unter Schutz stellt, freuen wir uns, das mit einem Erhalt der Rolltreppe und anderer historischer Einbauten der Umbau nun begonnen hat.

Schickedanz – Villa an der Lerchenstraße

Nach wie vor hätten wir uns eine Unter-Schutz-Stellung der Villa gewünscht. Schließlich wurde in diesem Haus Wirtschaftsgeschichte der Bundesrepublik geschrieben. Und auch das ist nach dem Denkmalgesetz genügend Grund, solche Objekte zu erhalten. Nun sind wir froh, dass durch die moderate Bebauung des Geländes immerhin der historische Bestand nicht mehr gefährdet ist.

Villa Forsthausstraße

Ein großes Dankeschön geht auch an den Besitzer dieser Villa an der Forsthausstraße. Hier wurde eine denkmalgerechte Sanierung durchgeführt, die geprägt war mit viel Leibe zum Detail. Siehe diese Innenausstattung aus der Gründerzeit.

Gaststätte Ringbahn Poppenreuth

Das Gasthaus „Zur Ringbahn“ lag in der Nähe der ehemaligen Trasse der Ludwig-Süd-Nord-Bahn und war damit eines der letzten Zeugnisse der Fürther Eisenbahngeschichte. Die ursprüngliche Gaststätte wurde jedoch im März 2022 abgerissen, da die Renovierungskosten nach Aussagen des Eigentümers überdurchschnittlich hoch gewesen wären.

Die Beamtensiedlung

Die Beamtensiedlung in Dambach und steht seit 2016 unter Ensembleschutz. Sie wurde in den 1920er Jahren zur Behebung der Wohnungsnot nach dem Ersten Weltkrieg als Bauverein gegründet. Leider gibt es für dieser Areal noch immer keine Gestaltungssatzung. Dies führt dazu dass Hausbesitzer immer wieder Veränderungen am Bestand vornehmen, die Vorgärten „zupflastern“ oder mit Carports versehen. Es ist dringend nötig, den historischen Kern der Siedlung durch entsprechende Vorschriften zu sichern.

Die Krautheimer Krippe

Erst haben wir uns sehr gefreut, dass die Stadt jetzt endlich ein örtliches Architekturbüro mit der Bestandserfassung zur Fassaden-Sicherung und -Sanierung der von der jüdischen Familie Krautheimer gestifteten Säuglingskrippe auf dem Gelände des Helene-Lange-Gymnasium beauftragt hat. Mittlerweile hat man uns mitgeteilt, dass die Durchführung von baulichen Maßnahmen an der Fassade nun doch nicht zurückgestellt werden. Hoffen wir, dass damit heuer begonnen wird!

Historisches in aufgegebenen Handwerksbetrieben

Hier zwei Beispiele aus der Balbiererstraße und der Theaterstraße: Oft werden wir von aufmerksamen Nachbarn darauf hingewiesen, welche historischen und technischen Schätze noch in ehemaligen Handwerksbetrieben lagern. Auch diese Zeugnisse der Industriekultur müssen erhalten bleiben!

Scheunen, vom Abriss bedroht

Immer häufiger fragen wir uns, ob Vororte, tatsächlich eine gute Zukunfthaben. Ist es nicht vielmehr so, dass gewachsene Strukturen durch den Abbruch eines oft noch gesunden Baubestandes ihr Eigenleben verlieren? Dass es nach wie vor wirtschaftlicher erscheint, auf einem Grundstück möglichst viel Wohnungen zu schaffen und dabei seelenlose Orte entstehen zu lassen, die austauschbar sind, keine eigene Historie mehr besitzen?

Hier Scheunen in Vach und am Ortsrand von Unterfarrnbach, die wie so viele Scheunen in anderen Vororten vom Abriss bedroht sind.

Brunnen in Vach

Im Juni wurden wir von Vacher Bürgerinnen und Bürgern zu einem Ortstermin an diesem Brunnen gebeten. Leider blieb die Anfrage, ob man ihn nicht sanieren könnte, bisher unbeantwortet.

Gasthaus Weiße Rose in der Königstraße 70

Dieses Gasthaus aus dem Jahr 1652  hat eine ganz besondere Historie: Im Keller befindet sich eine ehemalige Mikwe. So  bezeichnet man im Judentum ein Tauchbad, dessen fließendes Wasser der Erlangung ritueller Reinheit durch Untertauchen diente. Wir freuen uns sehr, dass der Besitzer des Objekts nach wie vor am Erhalt und der Sanierung arbeitet und konnten uns bei mehreren Ortsterminen davon überzeugen.

Amalienstraße 11

Am Beispiel dieses Grundstücks und der vorgesehenen Bebauung möchten wir an die zuständigen Behörden appellieren, doch etwas mehr Fingerspitzengefühl zu entwickeln, wenn es um Bauanträge auf Grundstücken geht, die sich in der Umgebung von Denkmälern befinden. Auch wenn die Baugesetze eine Genehmigung erlauben, wäre es doch gut, den Bauherrn im Vorfeld zu beraten und ihm auch auf kritische Punkte seines Vorhabens aufmerksam zu machen. Die Bilder zeigen den jetzigen Eingang in das Grundstück neben dem Logenhaus und den Garten als eines der letzten Zeugnisse der vielen Gärten, die es eins in der Südstadt gab. Rechts eine echte Baulücke, die seit langem bebaut werden könnte.

Erfreuliches

Im Sommer konnten wir wieder eine Spende von 1.000 Euro aus dem Verkauf unseres Kalenders 2022 „Fürther Wirtshausgeschichten“ übergeben. Das Geld ging an die Schule der Phantasie in der Wasserstraße.

Historisches Graffiti

Ein besonderer Fund an der Fassade des Geburtshauses von Heinrich Berolzheimer aus den 1920er Jahren: „Nieder mit dem Kapitalismus“ ist dort aufgetaucht. Die Schrift wurde sicher abgedeckt und so erhalten.

Ein Bodendenkmal

Durch den Starkregen im Sommer kam an der Egersdorfer Straße eine historische Bausubstanz zum Vorschein und hat die Archäologen beeindruckt. Der ursprüngliche Steinbelag ist gut zu erkennen. Wir hoffen, dass dieses Bodendenkmal geschützt wird.

Der Hauptbahnhof

Auch 2022 haben uns die Arbeiten am Bahnhof beschäftigt. Hier ein Blick auf die wieder wunderbar restaurierte Decke. Es ist das letzte Werk des Künstlers Bela Farago, der überraschend verstorben ist.

Wir sind im Moment auf der Suche nach Vorbildern historischer Lampen aus der Zeit des Art Deco für die Innenräume.

Kalender 2023

Auch für dieses Jahr gibt es wieder einen Kalender der Stadtheimatpflege. Das Motto: „Fürth romantisch und buchstäblich“. Die stimmungsvollen Bilder des Fotografen Gerd Axmann werden ergänzt durch Fürth – Zitate von Autoren.

Genossenschaftsblöcke in der Südstadt

Auch die Genossenschaftshäuser aus den 1930er Jahren in der Kaiserstraße 121-159 sind vom Abriss bedroht. Mittlerweile hat auch der Bund Deutscher Architektinnen und Architekten in seiner kürzlich erschienenen und absolut lesens- und nachdenkenswerten Broschüre „Impulse für eine lebendige Baukultur in Stadt und Land“ formuliert: „Bestehende Gebäude verfügen über einen ökologischen und ökonomischen Wert, der oftmals nicht erkannt oder unterschätzt wird. Durch mangelndes Bewusstsein kommt es zu Verfall oder Abriss und damit zu unwiederbringlichen Verlusten wertvoller Bausubstanz“. Das ist leider noch nicht zu allen Verantwortlichen vorgedrungen. Wir hoffen sehr, dass künftig  das Bauen und Sanieren im Bestand sorgfältiger als bisher geprüft wird. Wenn die Stadt es mit dem Titel „Klimastadt“ ernst meint, dann sollte sie auch danach handeln.

Der Kannengießerhof an der Gustavstraße

Eine erfreuliche Entwicklung: Der Eigentümer hat den Eintrag seiner historischen Bausubstanz als Denkmal beantragt.

Eckhaus mit Kriegsschaden in der Amalienstraße

Und noch einmal Erfreuliches: Dieses Eckhaus in der Südstadt wird gerade denkmalgerecht saniert. Besonders schön: ein Detail im Hausgang.

Unser schönster Erfolg 2022

Das Gartenhäuschen aus dem Besitz des ehemaligen Fürther Kaufmanns Sigmund Rosenblüth in der Berolzheimer Straße.

In letzter Sekunde konnten wir Vertreter des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege auf die Gartenlaube aufmerksam machen. Jetzt ist sie offiziell in die Denkmalliste des Freistaats aufgenommen und unter Schutz gestellt worden. Seitens des Landesamts wird betont: Das Gartenhaus habe trotz seiner geringen Abmessung ein repräsentatives Erscheinungsbild. „Es zeigt mit den originellen Details wie den geschwungenen Fensterformen und einer gewölbten Nische im Innern die sichere Handschrift des renommierten Architektenduos Max Ebert und Georg Groß.“