Auf den Spuren einer Künstlerin

Vielen Dank der FN für die Erinnerung an die Künstlerin Gudrun Kunstmann und ihre Werke! Ganz so vergessen ist ihre Arbeit im öffentlichen Raum jedoch nicht. Seit Beginn unserer Tätigkeit als Stadtheimatpfleger haben wir uns immer wieder für die Kunst im öffentlichen Raum, gerade der 50er Jahre, eingesetzt und die Restaurierung der Kunstmann-Figuren im Stadtpark aktiv unterstützt.

Hier der Artikel aus der FN vom 09.01.18:

Erinnerungen an Gudrun Kunstmann, die präsent und zugleich fast vergessen ist

Der Name der vor hundert Jahren in Erlangen geborenen Künstlerin Gudrun Kunstmann ist nicht mehr vielen Menschen ein Begriff. Er gerät zunehmend in Vergessenheit – obwohl ihre Skulpturen, Brunnenfiguren und Wandreliefs uns in Fürth und in Nürnberg an vielen öffentlichen Orten begegnen.
FÜRTH — Die 1950er Jahre haben es Claus Baierwaldes angetan. Regelmäßig durchstreift der Nürnberger Fotograf seine Stadt auf der Suche nach Motiven aus dieser Zeit. So ist er auf die Kunstwerke Gudrun Kunstmanns gestoßen – und hat sich in ihre Plastiken verliebt.
Märchengestalten und Tiere formte sie besonders gerne. Die prominentesten aus Fürther Sicht sind wohl die Märchenfiguren im Stadtpark – und das Bronze-Nilpferd, das im Untergeschoss des City-Centers jahrelang an das 1990 aus dem Zirkus „Fliegenpilz“ entlaufene Zwergflusspferd „Elsbeth“ erinnerte. Die Plastik war eine Leihgabe der Tiergartenfreunde Nürnberg und wurde 2016 zurückgegeben.
Heute harren manche von Kunstmanns Skulpturen an öffentlichen Orten aus, an denen sie kaum Beachtung finden – andere „werden geliebt und wahrgenommen“, sagt Baierwaldes, der dabei an ihre Tierplastiken im Nürnberger Tiergarten denkt, auf denen Kinder rumrutschen : Unter anderem eine Bache mit Frischlingen, eine Wisentgruppe, ein Kamel und ein Pelikan haben dort ein Zuhause. Auch in anderen Tiergärten sind Plastiken der Bildhauerin zu entdecken.
Verzaubert ist Baierwaldes aber auch von der bronzenen „Gänseliesel“, die 1952 entstand und die nun in der Grundschule im Nürnberger Ortsteil Ziegelstein ihren Platz hat (ein zweites Exemplar steht in der Schule in Wilhermsdorf). Stundenlang könne er im Gesicht der Grimm’schen Märchenfigur lesen, sagt er. „Der Ausdruck hat eine ganz besondere Ausstrahlung.“ Vor allem fasziniert ihn die für Kunstmann typische Gestaltung der meist schräg stehenden Augen, mit der sie ihren Märchenfiguren Leben einhauchte. Die Bilder von Kunstmanns Werken hat er vorerst nur für seine persönliche Sammlung von 50er-Jahre-Motiven gemacht; eines Tages könnte daraus ein Buch über die Spuren dieser Zeit werden.
Zu Lebzeiten hatte es die im Juni 1917 geborene Gudrun Kunstmann – ihr Urgroßonkel war der Philosoph und Kulturkritiker Friedrich Nietzsche – zu einiger Bekanntheit gebracht. Sie hatte an den Akademien in Nürnberg und München studiert und gilt als eine bedeutende Vertreterin des modernen Realismus. Sie arbeitete mit Bronze, Stein, Keramik und Draht und beschäftigte sich auch mit Wandmalereien. Ihre Werke waren bei Ausstellungen im In- und Ausland zu sehen. 1956 wurde sie zum Mitglied des internationalen Franklin-Instituts ernannt, außerdem war sie Mitglied im „International Institute of Arts and Letters“. Bis zu ihrem Tod 1994 hatte sie ihr Atelier in der Fürther Espanstraße.
Im März 1982 hatte sie das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen bekommen – nicht allein für ihr großes bildhauerisches Schaffen, sondern unter anderem auch für ihre pädagogischen Verdienste. Insbesondere an der Fürther Volkshochschule gab sie in Vorträgen ihr Wissen weiter.
Von ihrem Schaffensdrang zeugen etwa der Brestlasbrunnen auf dem Cadolzburger Marktplatz, die Elefanten am Eingang der Fürther Kinderklinik, Fassadenkunstwerke wie in der Leibnizstraße, die träumerisch dreinblickende „Ophelia“ am Nürnberger Nordklinikum, der „Schwarze Engel“ an einem Gebäude am Jakobsplatz oder die Justitia-Gruppe am Rathausgiebel in Bad Windsheim.
In Nürnberg hat Baierwaldes unter anderem den „Drachenbrunnen“ fotografiert, der sich auf dem Pausenhof der Herschelschule in der Südstadt befindet und schon bessere Tage gesehen hat. „Als ich den Brunnen fotografierte, sprang mir ein Hase entgegen“, sagt er – so still sei es um das Kunstwerk geworden. „Hätte Gudrun Kunstmann zu Dürers oder Adam Krafts Zeiten gelebt, wäre sie weltberühmt“, davon ist der Fotograf überzeugt.

Opfer von Vandalismus
Dadurch, dass sie im öffentlichen Raum stehen, sind Kunstmanns Werke aber auch verletzlich: Mehrfach wurden sie durch Vandalismus beschädigt. Der Froschkönig-Prinzessin im Fürther Stadtpark wurde etwa 2014 der Kopf abgeschlagen, vom Aschenbrödel waren nur noch Bruchstücke übrig. 16 000 Euro kostete Aschenbrödels Rekonstruktion, seit September steht es wieder auf seinem angestammten Podest am Rande des Spielplatzes im Stadtpark. Die Stadt wagt damit wieder mehr als früher, als sie etwa die Figuren „Drei Grazien“ oder die „Tänzerin“, die im Empfangsgarten an der Auferstehungskirche standen, entfernte.
Weit über die Hälfte der Kosten der jüngsten Wiederherstellung übernahm Günther Schönwasser, Geschäftsführer einer Fürther Immobilienfirma, der auch schon vorher Instandsetzungen finanzierte – aus persönlicher Verbundenheit. Er kennt und schätzt die Statuen seiner Kindheit.
In Nürnberg wird derzeit der schwer beschädigte Brunnen „Faun mit Frosch“ im Nürnberger Stadtpark restauriert – auf Baierwaldes’ Initiative.

M. PRILL/J. RUHNAU/C. ZIOB