Archiv des Autors: yy667

Kunst im öffentlichen Raum – Bericht aus den Fürther Nachrichten vom 28. Mai 2015

Neuer Kopf für die geplagte Prinzessin Skulptur aus dem Stadtpark steht nach ihrer Restauration wieder auf ihrem alten Platz

Die Prinzessin ist zurück: Eine beschädigte Skulptur steht nach ihrer Restaurierung wieder im Stadtpark. FÜRTH — Eigentlich sollen die Märchenfiguren, die den Stadtpark-Spielplatz unterhalb der Freilichtbühne einrahmen, Kinder erfreuen. Was Karin Jungkunz jedoch bei einem Spaziergang im vergangenen Sommer erblickte, hätte besser ins Gruselkabinett gepasst: „Die Froschkönig-Prinzessin hatte keinen Kopf mehr, stattdessen ragte eine rostige Stehle aus ihrem Rumpf“, erinnert sich die Stadtheimatpflegerin. Unbekannte hatten die Skulptur enthauptet. Da Jungkunz Kunst im öffentlichen Raum besonders am Herzen liegt, schaltete sie das Grünflächenamt ein, das auch für die im Park stehenden Kunstwerke zuständig ist. So fiel die ramponierte Prinzessin schließlich in die Hände des Fürther Restaurators André Jeschar, der schon öfter für die Stadt im Einsatz war. Einige Wochen lang war die Skulptur, die einst die Fürther Bildhauerin Gudrun Kunstmann anlässlich der Gartenschau 1951 gefertigt hatte, in seiner Obhut. Vor besondere Herausforderungen stellte Jeschar das Material. „Der Ton, den Kunstmann verwendet hat, stammte wohl aus einer Ziegelei“, vermutet er. Es kostete ihn einige Zeit, bis er die Masse gefunden hatte, deren Farbton sich nach dem Brennen mit dem des Originals deckt. Den Kopf rekonstruierte er anhand von Fotografien. Dass die Prinzessin und ihr verzauberter Frosch nun wieder auf ihrem Podest am Rand des Spielplatzes zu bewundern sind, ist auch der Stadtheimatpflegerin zu verdanken. Sie hatte sich dagegen ausgesprochen, die restaurierte Figur an einem anderen, sicheren Ort aufzustellen. „Diese Kunst ist für den öffentlichen Raum gemacht worden, hier muss sie bleiben“, findet auch André Jeschar. Unterstützung kommt von Wolfram Hirt, Landschaftsarchitekt im Grünflächenamt: „Die Figur gehört zum Spielplatz.“ Sie ist im Stadtpark wieder in märchenhafter Gesellschaft: In unmittelbarer Nähe stehen noch weitere Figuren von Gudrun Kunstmann. Auch sie blieben nicht von Zerstörungen verschont: Den Gänsen der Gänsemagd fehlen Schnäbel und Flügel, um Schneewittchen versammeln sich nur noch sechs Zwerge, dort, wo einst Aschenbrödel stand, ist nur noch ein leeres Podest. Die Skulptur ist verschollen. Einzig die Bremer Stadtmusikanten sind heil geblieben. Sie wurden vor Jahren in Bronze gegossen, die recht widerstandsfähig ist. Weil für die Restaurierung der übrigen Figuren momentan kein Geld vorhanden ist, könnte sich Jungkunz Paten vorstellen, die die Kosten übernehmen. Sie möchte sich auch in Zukunft Kunst im öffentlichen Raum widmen, die teils in sehr schlechtem Zustand ist. Dabei denkt sie etwa an die Plastik „Bärengruppe“ auf der Schwand oder die abstrakte Drahtplastik in der Max-Planck-Straße. Aber auch um verschollene Werke will sie sich kümmern. Der Arbeitskreis „Kunst im öffentlichen Raum“ hat dazu eine umfangreiche Liste erstellt. Nun möchte sie herausfinden, ob die verschwundene Kunst vielleicht noch in Archiven schlummert. GWENDOLYN KUHN

Rede von Robert Schopflocher anlässlich der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an ihn

BUNDESVERDIENSTKREUZ

Sehr geehrter Herr Botschafter, meine Damen und Herren,

Dankbar nehme ich diese hohe Auszeichnung in Empfang, nicht zuletzt weil sie die Hoffung in mir wach ruft, dass ich nicht ganz umsonst auf dieser Welt wandelte, sondern meinen bescheidenen Beitrag geleistet habe, um diese ein klein wenig besser zu verstehen.

Ich empfinde mich als ein Glied der Generationenkette, die die Vergangenheit mit der Zukunft verbindet. Gleichzeitig erfüllt mich das Bewusstsein, dass es nicht nur das von den Vorfahren übermittelte Erbe ist, sondern nicht weniger die Umwelt, die mich von Kindesbeinen an geprägt hat. Wie sollte es auch anders sein? Habe ich doch meine Urheimat, das fränkische Fürth, in der Tiefe meines Inneren trotz der noch immer unfassbaren Schrecknisse des 20. Jahrhunderts nie ganz verlassen. Und somit sehe ich mich nicht nur als einer der Zeitgenossen, die vom letzten Schimmer der kurzen Blütezeit profitierten, die das sich gegenseitig befruchtenden deutsch-jüdische Bürgertum ab dem letzten Drittel des 19. Jahrhunderts gekennzeichnet hat, wenn freilich auch auf schwankendem Untergrund. Sondern ich bin auch einer der dankbaren Zeugen, die den guten Willen der unbelasteten Nachkriegsgenerationen und den Kniefall Willy Brandts erleben durften.

Dabei kann ich allerdings meinen seelischen Zwiespalt nicht verleugnen, den ich, der ich seit 1937 in Argentinien lebe, bereits vor Jahren in folgendem Gedicht zum Ausdruck brachte, das in meinem Lyrikband „Hintergedanken“ zu finden ist:

 

GESTÄNDNIS

Seit über sechzig Jahren

in Argentinien, aber

beim Worte ‘Baum’

fällt mir zunächst und noch immer

die Dorflinde Rannas ein,

in der Fränkischen Schweiz,

gelegentlich auch eine Eiche,

eine Kiefer oder ein Tannenbaum;

nie dagegen oder doch nur selten

ein Ombú der Pampa,

ein Paraíso in Entre Ríos

ein Ñandubay, Lapacho oder Algarrobo,

wie sich’s doch geziemen würde

schon aus Dankbarkeit

dem lebensrettenden Land gegenüber.

 

Aber ‘Frühling’ bedeutet mir noch immer

Mörikes blau flatterndes Band.

Schiller, Goethe und die Romantik,

Jugendstil, Bauhaus und Expressionismus,

prägten mir ihren Siegel auf,

nicht weniger wie der deutsche Wald,

der deutsche Professor

oder der jüdische Religionsunterricht –

wohlgemerkt: der der letzten Zwanziger-,

der ersten Dreissigerjahre.

Ja, selbst der fragwürdige Struwwelpeter

Karl May Hauff die Grimm’schen Märchen

oder Max und Moritz, diese beiden,

rumoren weiter in mir

und lassen sich nicht ausrotten.

 

Nun ja: Leider! Trotz alledem.

Oder etwa Gottseidank?

Und wo liegt es nun, mein Vaterland?

 

Wo aber liegt mein Vaterland? Elie Wiesel zitiert den Rabbi Nachman aus Brazlaw, einen Urenkel des Mystikers und Begründer des Chassidismus Baal Schem Tow: „An irgend einem Ort lebt ein Mensch der eine Frage aufwirft, auf die es keine Antwort gibt. Eine Generation später, an einem ganz anderen Ort, lebt ein Mensch der auch eine Frage stellt, auf die es ebenfalls keine Antwort gibt – und er weiss nicht, kann es gar nicht wissen -, dass seine Frage in Wirklichkeit eine Antwort auf die erstere darstellt.“

Gestatten Sie mir, dass ich diese Überlegung, der ich nichts hinzuzufügen habe, im Raum stehen lasse.

Und nehmen Sie, sehr verehrter Herr Botschafter, und durch Sie die von Ihnen vertretene Bundesrepublik Deutschland nochmals meinen tiefempfundenen Dank für diese unerwartete Auszeichnung entgegen, deren vielfache Bedeutung mir und meiner Familie voll bewusst ist.

 

Die Froschkönig-Prinzessin hat ihren Kopf wieder!

Mit großer Freude erhielten wir gestern eine Nachricht aus dem städtischen Grünflächenamt:

Prinzessin neu 1Die von dem Bildhauer André Jeschar nach Vandalismus-Schäden restaurierte Figur der Froschkönig-Prinzessin, die in den 50er Jahren von der Fürther Künstlerin Gudrun Kunstmann erschaffen worden war, steht seit ein paar Tagen wieder an ihrem Platz beim Kinderspielplatz im Stadtpark. Am vergangenen Freitag wurde noch die letzte (Anschluss-) Fuge am Figurensockel geschlossen. Die Wiederherstellung der Figur ist somit abgeschlossen.

Wir können uns der Meinung von Herrn Hirt nur anschließen, dass Herrn Jeschar die Restauration sehr gut gelungen ist. Bleibt zu hoffen, dass sie möglichst lange in ihrer Schönheit erhalten bleibt und nicht wieder Opfer von mutwilligen Beschädigungen wird.

 

Prinzessin neu 2Prinzessin neu 3

 

 

Die „Wiederer-Villa“

„Häuser erzählen Geschichten“: Unter diesem Titel wollen wir in loser Folge einen Blick hinter die Fassaden von Fürther Häusern werfen, etwas erzählen von den Menschen, die dort gewohnt haben, und zeigen, wie sich über die Jahrhunderte an solchen Orten die Stadtgeschichte entwickelt hat. Dieses Mal geht es in die Fürther Südstadt und die Zeit der Industrialisierung. Dazu hat auch die Abiturientin Viktoria Rieck wertvolle Informationen geliefert, dafür danken wir ganz herzlich. Ein besonderer Dank geht an Peter Frank, von dem ein Großteil der Fotografien stammt. Ohne seine umfangreichen Recherchen hätte der Beitrag so nicht erscheinen können.

Haben Sie schon einmal das Stadtmuseum in der Ottostraße 2 besucht? Da sind sie ausgestellt, die repräsentativen Spiegel aus der sogenannten „Gründerzeit“ Mitte des 19. Jahrhunderts, die Fürth den Titel „Stadt der Spiegel“ eingebracht haben. Damals war so ein Spiegel unverzichtbarer Bestandteil und exklusiver Schmuck einer jeden großbürgerlichen Wohnung. Und diese Kostbarkeiten wurden zu einem Großteil in Fürth hergestellt, dem Zentrum bayerischer Spiegelglasproduktion in dieser Zeit. Im Adressbuch von 1895 werden 77 Firmen genannt, die sich mit der Herstellung und mit dem Handel von Spiegeln und Spiegelglas beschäftigt haben, außerdem etwa 40 Rahmenhersteller und zehn Firmen, die das Belegen der Gläser vornahmen.Noch heute finden wir Spuren solcher alten Spiegelglasfabriken und -handlungen in der Stadt: Schriftzüge über Hauseingängen, verblasste Firmenschilder, alte Fabrikgebäude. Und auch mit dem Erbe dieser Epoche mussten und müssen sich die Fürther auseinandersetzen: Umfassende Sanierungen quecksilberhaltiger Böden und ganzer Gebäude zeugen von dem oft sorglosen Umgang mit dem Nervengift, dessen Auswirkungen auf die Gesundheit recht spät erkannt wurden.

Villa farbig

Ehemaliges Wohnhaus und Kontor der Besitzer der Spiegelfabrik Wiederer Foto: Rieck

Eine dieser Spuren führt uns in die Fürther Südstadt. Dort, gleich nach dem Jakobinentunnel, steht die Villa der Gebrüder Georg und Konrad Schwarz. 1888 erbaut, ist sie ein letztes Zeugnis vom Aufstieg und Niedergang der Spiegelfabrik N. Wiederer & Co. Eine spannende Firmen- und Familiengeschichte, die 1859 in der damaligen Friedrichstraße 18 begann und über die Zwischenstation eines Handwerksbetriebs am Helmplatz 7 schließlich mit einem eindrucksvollen Industriebau zwischen Leyher-, Ritter-, Wald- und Kaiserstraße endete.

Doch zurück zu den Wurzeln. 31 Jahre war er alt, der aus Zwiesel in der Oberpfalz stammende Glasschneider Nicolaus Wiederer, als er – nach Lehr- und Wanderjahren – in Fürth 1859 die Genehmigung bekam, sich in der Stadt als Glasschleifer, Glasfacetier, Glas- und Steingraveur niederzulassen. Fast sein ganzes Vermögen investierte er in eine Glasfacetiermaschine und seine ganzen Hoffnungen auf einen erfolgreichen Firmenstart wurden durch die Hochzeit mit der Wirtstochter Katharina Schwarz erfüllt. Sie brachte ein nicht unerhebliches Vermögen und drei uneheliche Kinder (Georg, Konrad und Peter) mit in die Beziehung. Den Umzug der Firma in die Südstadt 1880/81 erlebte Nicolaus Wiederer nicht mehr. Er starb am 17. Januar 1878, seine Stiefsöhne Georg und Konrad Schwarz übernahmen die Geschäfte. Und die konnten sich sehen lassen. Die Nachfrage nach facettierten Gläsern wuchs und wuchs. 1896 beschäftigten die Brüder 600 Mitarbeiter, die Waren der Spiegelfabrik wurden weltweit vertrieben, besonders in den USA fanden sie großen Absatz.

SAMSUNG DIGITAL CAMERA

Ein Werbeplakat Quelle: Stadtarchiv Fürth

Man produzierte Hand-, Toiletten- und Luxusspiegel aller Art, Schaufenstergläser, Firmenschilder, Glasschränke, aber auch ganze Glaspavillons für Hotels und Varietés. Auf vielen nationalen und internationalen Ausstellungen wurde das Sortiment vorgestellt, 1876 war die Firma sogar auf der Weltausstellung in Philadelphia präsent und konnte mit einer Reihe von Preisen und Medaillen nach Fürth zurückkehren. Und so war es nur logisch, dass sich die Firmeninhaber, die mittlerweile höchst geachtete Bürger ihrer Heimatstadt waren, 1888 direkt am Firmengelände eine repräsentative Villa bauen ließen und dort auch ihr Kontor betrieben. Schließlich wollte man ja ein Auge auf die Arbeiterschaft haben und kontrollieren, ob der Tag auch pünktlich begonnen wurde. Zudem mussten die Chefs bei Problemen auch immer erreichbar sein.

Die Welt für die Fabrikarbeiter war an der Leyher Straße allerdings nicht so rosig wie die der Auftragsbücher. Eine Sechs-Tage-Woche mit einer täglichen Arbeitszeit von bis zu zwölf Stunden war die Regel, nur am Sonntag hatte man frei.  Fehlverhalten oder ein Verstoß gegen die Arbeitsordnung führte schnell  zur fristlosen Kündigung. Arbeitsunfälle wegen mangelnder Sicherheitsvorkehrungen waren an der Tagesordnung. Eine Absicherung bei Arbeitsunfähigkeit gab es nicht. Der durchschnittliche Lohn von 18 Mark pro Woche reichte kaum zum Lebensunterhalt. Ständig war die Familie gezwungen, am Essen, an der Kleidung oder am Wohnen zu sparen. Dazu kamen die gesundheitlichen Probleme, die durch die giftigen Quecksilberdämpfe beim Belegen der Spiegel entstanden.

Wiederer Ritterstr. Villa+Fabrik

Villa und Fabrik um die Jahrhundertwende Quelle: Stadtarchiv Fürth

Um mehr Rechte für die Arbeiter durchzusetzen, organisierten die noch jungen Gewerkschaften auch in Fürth Streiks und Ausstände. So im Mai  1906, als 1700 Arbeiter aus zwölf Spiegelglasfabriken bessere Arbeitsbedingungen forderten. Die soziale Lage verbesserte sich aber auch in unserer Stadt erst mit der Einführung der gesetzlichen Sozialversicherung.

Mit dem Beginn des Ersten Weltkriegs und der Inflation in den 1920er Jahren endete in vielen Fürther Industriebetrieben das „goldene Zeitalter“. So auch in der Spiegelfabrik N. Wiederer & Co.: Nationale und internationale Handelsbeziehungen brachen weg, Auftrags- und Kapitalmangel führten schließlich dazu, dass die Firma 1932 Konkurs anmelden musste. Die Spiegel- und Werkmaterialien wurden vom Konkursverwalter weit unter Wert verkauft, das Fabrikgebäude 1934 zu Wohnungen umgebaut. Geblieben ist nur besagte „Wiederer-Schwarz-Villa“, die sich heute nicht mehr im Familienbesitz befindet.

Im Sommer 1939 zog dann die „Metz-Apparatefabrik“ in die Leyher Straße und füllte das Gelände bis zum Umzug der TV-Geräte- und Möbelproduktion in den 1950er Jahren nach Zirndorf wieder mit neuem Leben. Heute prägt nur noch  der imposante Metz-Verwaltungsbau die Ritterstraße, allerdings befindet sich dort mittlerweile die Raiffeisenbank. Die Metz-Fabrikationsgebäude wurden zu Wohnungen umgewandelt und 1998 zog schließlich auch die Verwaltung nach Zirndorf.

150px-Venetianer_hoch

Beispiel für einen Venetianer Spiegel Quelle: FürthWiki

 

 

Und so endet unsere Spurensuche wieder im Stadtmuseum. Hier kann man das berühmteste Produkt der Firma Wiederer, den Venetianer Spiegel bewundern. Nicht nur diese Rarität ist einen Besuch des Museums wert!

 

 

 

wiederer-villa-spiegel2

Fotos aus dem Spiegelkatalog von Schwarz&Co, zur Verfügung gestellt von Carry Hubmann, Nachfahrin der Firmengründer

 

 

 

 

 

 

 

wiederer-villa-spiegel1