Radikaler Wandel an prominenter Stelle

Die frühere Commerzbank hat ihr Äußeres komplett verändert: Die meisten finden das gut – aber nicht alle

Ein Artikel von JOHANNES ALLES (FN vom 01.05.18)

Das frühere Commerzbank-Gebäude ist seit dem Umbau nicht mehr wiederzuerkennen. Die meisten Fürther weinen der alten Fassade keine Träne nach, Fachleute loben, wie gut sich der neue Stil an seine Umgebung anpasst. Es gibt aber auch jemanden, der von architektonischer „Langeweile“ spricht und sogar das Wort „Schande“ in den Mund nimmt.

FÜRTH — Angesprochen auf das neue Gesicht der früheren Commerzbank, springt Karin Jungkunz erst mal um viele Jahrzehnte in der Zeit zurück. Bei Stadtheimatpflegern muss das vielleicht so sein. „Ich bedauere es sehr“, sagt sie, „dass es den Vorvorgänger nicht mehr gibt.“
Der Vorvorgänger? An der Ecke von Hall- und Rudolf-Breitscheid-Straße stand bis in die 1960er Jahre ein für Fürth so typischer klassizistischer Bau mit Sandsteinfassade. Längst kann man ihn nur noch auf bräunlichen, historischen Aufnahmen betrachten. Im Erdgeschoss hatte er große Fenster mit prächtigen Rundbogen, hinter diesen Glasscheiben saßen schon seit 1921 die Mitarbeiter der Commerzbank-Filiale. Vor rund 50 Jahren wurde das Haus abgerissen. Was danach kam, blieb vielen Fürthern bis zuletzt ein Dorn im Auge. Sie sahen in dem Neubau nichts anderes als einen hässlichen Betonklotz.
Nach dem jüngsten Umbau hat sich das Gesicht erneut vollkommen gewandelt. „Ich bin froh, dass die Bauherren jetzt einiges gemacht haben“, sagt Stadtheimatpflegerin Karin Jungkunz. „Die neue Fassade ist auf jeden Fall ein Gewinn.“ Das Gebäude füge sich deutlich besser ein in die Rudolf-Breitscheid-Straße.
Christofer Hornstein nennt die Umgestaltung sogar eine „Stadtreparatur“, die dringend nötig gewesen sei. Der Architekt aus Ritzmannshof hatte sich in der Bürgerinitiative Bessere Mitte engagiert, er mag die Architektur der Neuen Mitte – und er hält die neue Fassade der Ex-Commerzbank für einen deutlichen Gewinn.
Der Bau aus den 70ern, sagt Hornstein, habe in keinster Weise Bezug genommen auf die Umgebung, den Gebäudetypus der Nachbarschaft oder der Innenstadt. Gut, räumt Hornstein ein, das Haus sei auf seine Art schon etwas Besonderes gewesen, seine Architektur habe sich „etwas getraut“. Aber: „Letztendlich war es ein kontrastierender Solitär, der nicht im Dialog mit dem Ort stand.“ Hornstein mag so etwas nicht.
Jetzt gefällt es ihm schon besser. Zwar sei der Grundkörper für diesen Standort immer noch zu groß beziehungsweise zu hoch, und das Gebäude sei sicherlich kein Knaller, über den Fremde sagen würden: „Wow, dafür lohnt sich ein Fürth-Besuch!“ Aber es sei doch alles in allem eine deutliche Verbesserung, findet Hornstein. Besonders augenfällig werde das, wenn man von der Freiheit kommend in die Breitscheidstraße läuft.

„Eine Fehlleistung“

Ernst-Ludwig Vogel widerspricht. Der Kunstlehrer im Ruhestand, der maßgeblich dazu beigetragen hat, dass das Hardenberg-Gymnasium zur Stützpunktschule Architektur geworden ist, hat in dem Commerzbank-Gebäude nie einen Betonklotz gesehen. „Das ist er auch keinesfalls gewesen“, sagt Vogel.
Stattdessen lobt er die Fassadenverkleidung: die eleganten Muschelkalkplatten, die je nach Sonneneinstrahlung oder Regennässe ihre Farbe verändert hätten. Er schwärmt von den schrägen Vorsprüngen, die sich über alle Stockwerke zogen, und mit denen der damalige Architekt Ernst Schumm die Biegung der Breitscheidstraße aufgegriffen und verändert habe. Die „Zerstörung“ dieses Gebäudes nennt Vogel in aller Deutlichkeit „eine Schande“.
Und die neue Fassade? „Langeweile, Biederkeit, Spannungslosigkeit“, klagt der frühere Lehrer. In einer „falsch verstandenen Harmonisierung“ dieser Ecke habe man es „mit Anpassung und Anbiederung an die Neue Mitte sichtlich übertrieben“.
Zwar echauffierten sich viele Fürther in Sachen Architektur über das Ludwig-Erhard-Zentrum oder den Erweiterungsbau des Jüdischen Museums, aber der Umbau der Ex-Commerzbank sei die eigentliche architektonische Fehlleistung. Dass sich kaum jemand darüber beschwert, wundert ihn aber irgendwie auch wieder nicht. Der Bau sei viel zu monoton und langweilig, als dass er zum Aufreger tauge.
Was meint der Oberbürgermeister? „Ich habe außer von Herrn Vogel keine kritischen Stimmen gehört“, sagt Thomas Jung, „ich glaube, dass er damit ziemlich isoliert dasteht.“ Jung selbst habe das Gebäude früher jedenfalls als „brutale Störung“ empfunden. Jetzt hingegen füge es sich harmonisch neben der Neuen Mitte in die Fußgängerzone ein. „Ich empfinde das als Wohltat“, sagt der Rathauschef und ergänzt: „Aber jeder darf natürlich seine Meinung haben.“